Foto: Steinbrecher
NEUSTADT.
- Kleinkunst vor kleinem Publikum: Nach dem großen Andrang beim Auftritt
der renommierten Kabarettgruppe "Leipziger Pfeffermühle" nahm sich
die Zuschauerschar beim Gastspiel des Jenaer Pantomimen Harald Seime am
Donnerstag abend im Arnold-Gymnasium recht bescheiden aus. Was aber nichts
über die Qualitäten des Mimen aussagt, sondern nur über
seinen Bekanntheitsgrad. Seimes Stücke
ließen in Zeiten des Dudelradios und des seichten Unterhaltungsfernsehens
vergessen, daß man sich auch ohne Worte verständigen kann. Der
Kommunikationsprozeß verlief natürlich recht einseitig, denn
kaum einer der Zuschauer wäre wohl in der Lage gewesen, mit solch
professionellen pantomimischen Gebärden zu kontern. Seimes Körpersprache
ist präzise bis in die Haltung des kleinen Fingers und ist doch nur
Mittel zum Zweck. Zwar fasziniert die Aussagekraft seiner Mimik und Gestik,
doch der Pantomime führt damit gleichzeitig Charakter vor Augen: die
eitle, einsame Dame die mit Koketterie ihre Federboa schwingt, der gelangweilte,
vor den Gästen katzbuckelnde Kellner, der selbstgefällige Trinker.
In all ihrem Narzißmus geht ihnen immer wieder die Kontrolle über
die Handlung verloren. Und Seime schafft es, in seine an sich einfachen
Darstellungen so viel Spannung zu legen, daß selbst die zahlreichen
jüngeren Schülerinnen und Schüler voller Konzentration bei
der Sache blieben. Unversehens scheinen die Körperbewegungen Eigendynamik
zu entwickeln. Gespannte Aufmerksamkeit erreicht Seime nicht nur durch
seine überraschenden Pointen sondern auch durch seine abwechslungsreiche
Darstellung. Lockere Spielereien mit Körpersprache und Mimik wechseln
mit perfekter Vorführung. Und immer darf man lachen über die
großen Gags und über die kleinen am Rande. Beeindruckendes
Glanzstück war Seimes pantomimische Wiedergabe eines Orchesters, eines
Gebildes also, das gemeinhin durch Musik in Erscheinung tritt. Seime karikiert
dagegen das eitle Gehabe des Dirigenten oder die arrogante Pose des Geigers.
Daß er durchaus auch mit Worten umzugehen versteht zeigte er beim
"Konzert nach der Speisekarte", das auch dem Pianisten Matthias Hessel
Gelegenheit gab, sich schauspielerisch auszutoben. Hessel begleitete Seimes
Stücke vor allem mit Musik der 20er Jahre und schuf so eine geglückte
Verbindung zwischen Körpersprache und Musik.
Vierzehnheiligen Nr.1 D-07751 Jena fon/fax: +49-36425-50610 |